USA. Nach operativer
Entfernung der Gallenblase, der Vorsteherdrüse oder von Teilen des Darmes
verweilen Parkinson-Patienten im Vergleich zu anderen Kranken mehr als
zwei Tage länger stationär. Außerdem drohen ihnen signifikant mehr
Harnwegsinfektionen, durch Aspiration ausgelöste Lungenentzündungen und
bakterielle Infektionen.
Auf diese Gefahren chirurgischer Behandlungen verweisen P. V.
Pepper und M. K. Goldstein in einer retrospektiven Studie der Krankenakten
von 41.213 Patienten, die sich geplant einer der oben genannten
Operationen unterzogen hatten. Unter ihnen befanden sich 234 Kranke mit
der Diagnose „Morbus Parkinson“. Zusätzlich zeichneten sich in der
Untersuchung weitere Trends ab. Danach scheinen Parkinson-Kranke auch
vermehrt zu einem postoperativen Delir, Blutdruckabfall und akutem
Herzinfarkt zu neigen.
Die beiden amerikanischen Wissenschaftlerinnen räumen ein, dass
sich die beschriebenen Phänomene vorerst nur spekulativ erklären lassen.
Immerhin erscheinen sie potenziell vermeidbar zu sein. Deshalb ist ihre
Kenntnis für alle Personen elementar, die Parkinson-Patienten vor und
nach einer Operation betreuen.
So dürften zur Häufigkeit von Harnwegsinfektionen nicht nur die
bekannten Blasenentleerungsstörungen Parkinson-Kranker beitragen, die von
Chirurgen möglicherweise übersehen werden. Denkbar ist auch, dass
Urin-Katheter bei Parkinson-Patienten länger verweilen, weil diese
Kranken besonders immobil sind und Blasenkatheter ihre Pflege
(vordergründig) erleichtern.
Die tendenziell erhöhte Gefährdung Parkinson-Kranker,
postoperativ einen Herzinfarkt zu erleiden, ist eine neue Erkenntnis.
Dieses Phänomen könnte sich teilweise damit erklären, dass die
eingeschränkte Mobilität der Patienten Belastungen verhindert, die
pektanginöse Symptome auslösen und damit eine koronare Herzkrankheit
demaskieren würden. Denkbar ist auch, dass die Kranken auf Grund
kognitiver Beeinträchtigungen frühere Brustkorbschmerzen vergessen und
deshalb nicht mitteilen.
Für die verlängerte stationäre Verweildauer und die genannten
Komplikationen können nach Ansicht von Pepper und Goldstein auch
Medikationsprobleme verantwortlich zeichnen. Da Levodopa nicht parenteral
zugeführt werden kann, wird die L-Dopa-Gabe auf Grund der anstehenden
Operation oft längere Zeit unterbrochen. Als deren Folge können sich die
Symptome der Parkinson-Krankheit intensivieren und damit den
postoperativen Verlauf komplizieren. Eine Optimierung des Medikationsplans
kann diese Probleme begrenzen. Nicht zuletzt raten die Autorinnen,
antipsychotisch wirkende Medikamente zu verringern. Dies beuge einem
postoperativen Delir vor, erhöhe den Wachheitsgrad und verbessere die
Fähigkeit, postoperativ wieder herumzulaufen und aktiv Atemtherapie zu
betreiben.
Mehrere Faktoren schränken die Aussagefähigkeit der Studie ein:
1. Sie bezieht sich fast ausschließlich auf männliche Patienten. 2.
Angaben zum Schweregrad des Leidens fehlen. 3. Parkinson-Kranke erscheinen
in dem Gesamtpatientenkollektiv unterrepräsentiert (Offenbar wurde nicht
in allen Fälle die Diagnose erkannt bzw. dokumentiert).
P. V. Pepper, M. K. Goldstein: Postoperative
complications in Parkinson´s disease. J. Am. Geriatr. Soc. 1999 (47)
967-972
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